Seeschwalbe Webtalk
mit Harald Stadler
Welchen Beruf haben sich deine Eltern für dich mal gewünscht?
Ich kann mich nicht erinnern, dass sie eine Präferenz gehabt hätten. Hauptsache der Bueb lernt was gscheites.
Für welche Berufslehre hast du dich dann entschieden?
Meine Kochkünste und musische Begabung liessen mich den Beruf des Elektroinstallateurs erlenen.
Du bist Vollblut Bieler, auch stolz auf die Stadt am See?
Ich bin ursprünglich aus Port, also streng genommen ein “üsser” Bieler bzw. ein Seeländer, aber wenn es um Sport geht, immer. Und auswärts verteidigst du deine Stadt/Region immer. Denn nirgends geht die Sonne im Jura so schön unter wie bei uns!
Bei welchen Vereinen/Clubs im Seeland hast du schon mit gemischt?
Als Kind beim SV Port als Fussballer, als Jugendlicher Leichtathletik beim TV Madretsch, während meiner Drangphase American Football bei den Bienna Jets und als alter Mann noch etwas Faustball beim TV Madretsch.
Wo als Präsident und wie lange?
Als Präsident wurde ich mit 22 bei den Jets gewählt mit einem großartigen ebenfalls jungen Team, welche den Laden damals trotz fehlender Erfahrung gerockt hat. Mit 34 Jahren, wurde ich dann abgelöst. Seither immer wieder als Notlösung oder Übel je nach Wahrnehmung in helfender oder nervender Form im oder um den Vorstand.
Seit vielen Jahren bei den Bienna Jets?
Das Gerücht sagt, dass ich mit 18 Jahren dem Verein beigetreten bin. Das wären dann etwa 30 Jahre.
Wie kamst du zum American Football?
Der simple Wunsch als 18-Jähriger an einem der damals legendären Saisonabschlussfesten der Jets dabei sein zu können. Meine Freunde spielten alle schon bei den Jets und ich dachte mir, geh in ein paar Trainings und du bist Teil der Party. An die Party durfte ich nicht, aber ich habe einfach weiter trainiert, bis es kein Zurück mehr gab und die Saison vor der Tür stand! Helm auf und los. Wenn ich an meine erste Ausrüstung denke, hatte das rückblickend was von Sado Maso.
Ein Teil der Wahrheit ist auch, dass ich nicht mehr fünf Mal die Woche meinem Leichtathletik Training nachgehen konnte und wieder nach einer Teamsportart suchte. American Football ist aus meiner Sicht die Teamsportart schlecht hin.
Was hattest du als Spieler alles für Verletzungen durch den Sport?
Einen Handgelenksbruch und am Ende meines Schaffens einen Achillessehnenriss, welcher mir dann mit 34 gesagt hat, es ist Zeit aufzuhören und dick zu werden. Beides prima erfüllt.
Nie ein Problem mit deinem Arbeitsgeber?
Ich fehlte wegen Unfällen bis dato nicht viel. Man kann mit einem gebrochenen Handgelenk oder gerissen Achillessehne trotzdem Büroarbeit verrichten. Von dem her alles gut.
Wo hast du dir schon Spiele ausserhalb der Schweiz live angeschaut?
Auf Amateur Niveau vor allem in Österreich und Deutschland. Diese Besuche galten zumeist der Weiterbildung und Interesses an Strukturen der dortigen Vereine.
Für das Fanerlebnis ging es an NFL Spiele in Deutschland, England und in die USA. Was aber noch fehlt sind ein paar NCAA College Spiele. Man geht dort zur Schule und repräsentiert bis in alle Ewigkeit diese Zugehörigkeit. Stimmung total. Ich würde sagen, dass ist der echte Spirit des Footballsports.
Was macht den Unterschied aus?
Im Bereich der NFL/College braucht man nichts zu vergleichen, da kommt keine Profisportart heran. Im Bereich des ambitionierten Amateursports ist die Schweiz in Bezug auf Unterstützung und Begeisterung im Vergleich mit unseren Nachbarn ein Entwicklungsland. Amateursport mit Leistungsgedanke hat verglichen mit den finanziellen Möglichkeiten und Bedeutung bei unseren Nachbarn einen anderen Stellenwert. Kommt auch nicht von ungefähr, dass man in der Schweiz zuerst was Gescheites lernen soll, bevor man ambitionierte Träume/Ziele verwirklicht.
Ist die Zukunft der Bienna Jets gesichert, Mitglieder, finanziell, Stadt Biel, Auflagen etc.?
Was ist schon sicher bei der gesellschaftlichen Entwicklung. Viele Werte welche das Vereinsleben ermöglichen werden nicht mehr gelebt, geschweige gefördert. Wir, wie auch viele andere Vereine, welche ehrenamtlich geführt werden, strecken sich jedes Jahr für die besten Rahmenbedingungen, die stärksten Mitglieder zu binden, aber es wird immer schwerer. Umso dankbarer bin ich für alle Helfer, Sponsoren und Coaches, welche mit ihrem Beitrag massgeblich dazu beitragen, dass es jedes Jahr möglich ist, wieder eine Meisterschaft zu bestreiten.
Wie kann man als Event Organisator die Corona Zeit überleben?
Spiele waren bei uns trotz Meisterschaftsverschiebung glücklicherweise nie ein Problem, da alles draußen stattfindet. Dass wir nicht an Stadtfeste wie die Braderie teilnehmen können war klar. Die Saison hatte erste Priorität.
Was sind heute deine Aufgaben bei den Bienna Jets…nur mit Geld?
Als Sportchef bin ich für alle organisatorischen Belange rund um den Spiel- und Trainingsbetrieb verantwortlich. Beginnend mit Infrastruktur Organisation, Spielerrekrutierung etc. Aber es wäre vermessen zu sagen, dass dies eine One-Man Show wäre. Unsere Vereinsstruktur hat nicht viel mit dem Fussball- oder Turnverein zu tun, deshalb nicht in zwei drei Sätzen erklärbar.
Wo sollen sich junge Sportler oder auch Sponsoren melden bei Interessen?
Generell erreicht man uns auf unserer Homepage www.biennajets.com. Wir sind aber auch auf Instagram und Facebook einfach zu kontaktieren. Grundsätzlich immer auf info@biennajets.com.
Wer bei uns direkt seine Skills testen möchte kann sich am Montag 22/29. November direkt am Try-Out versuchen, welches auf der Aussenanlage der Tissot Arena stattfindet.
Wie läuft die Saison zur Zeit? Kann der Sportchef zufrieden sein?
Zum Zeitpunkt des Interviews haben wir gerade den NLB Final verloren. Nimmt man nur die Momentaufnahme, dann bin ich echt happy da zu stehen, wo wir uns gerade befinden. Klar ein Sieg wäre das höchste gewesen. Betrachtet man aber das Gesamtbild, habe ich als Sportchef die Corona bedingten Unterbrüche unterschätzt im Bereich der Junioren. Da müssen und werden wir Prozesse neu angehen müssen, wenn wir weiter von talentierten jungen Männern in der ersten Mannschaft profitieren wollen.
Wie bekommt man einen US-Spieler nach Biel, zu den Jets?
Ich bin jetzt nicht der Tinu Steinegger der Bienna Jets, aber ein kleines Netzwerk konnte ich mir in der Vergangenheit schon aufbauen. Hinzu kommt, dass es auch Online-Plattformen gibt, über welche man Kontakte knüpfen kann. Sicher ein Fortschritt zu früher, als noch vieles über reine Empfehlungen und Telefonate lief. Heute wird auch bei uns jedes Spiel gefilmt und analysiert. So kann auch jeder Spieler seine Highlights in solche Plattformen posten und umgekehrt kriege ich als Sportchef Analysen von möglichen Kandidaten.
Warum sind die Jetsfarben grün-weiss und nicht rot-weiss oder rot-gelb?
Hierzu muss man wissen, dass der Verein aus der Fusion der Bienna Bulls und den Grenchen Cowboys entstanden ist und es damals noch kein Internet gab. Ja Kinder, es gab mal eine Zeit, als man die Partnersuche noch analog vollzogen hat und Telefone von der PTT vermietet wurden. Um beim Thema zu bleiben, die Erzählung sagt, dass an der Fusions- und Gründungssitzung sich wohl ein Mitglied dahin geäussert hatte, dass er Kontakte zu Jets in New York herstellen könnte und so an Jersey heran käme. Et voilà eine win win Situation. Den Rest kann man sich wohl denken. Aber die Farben sind seit diesem Tag grün-weiss. Später kam noch etwas schwarz hinzu.
Gibt es auch Football Damenmannschaften? Und in Biel ein Thema?
Wir bieten in diesem Sektor nichts Konkretes an, aber wir können interessierte Frauen sicher weitervermitteln.
Als Alternative werden wir Flagfootball anbieten für Schüler, Jugendliche und bei Interesse auch Frauen.
Du hast 3 Wünsche frei…Was wäre das?
Dass meine Familie und meine Freunde gesund bleiben und ich noch viel Zeit mit ihnen verbringen kann. Ich denke, dass deckt dann schon drei Wünsche ab…
Wofür würdest du von einer Weltreise heimreisen?
Familie
Was ist dein nächstes Projekt, welches du realisieren möchtest?
Haarwuchs und Gewicht wie mit 20 Jahren. Aber um bei den wirklich realisierbaren Projekten zu bleiben:
Wieder mit 2 Junioren-Tackling-Teams (U16/ U19) in der höchsten Liga spielen.
Flagfootball in den Schulen der Region etablieren können. Dieses Angebot bieten wir seit drei Jahren mit unserem Schulprogramm “School meets American Football” an: www.biennajets.com/school-meets-football.
Und als Kernpunkt für die Entwicklung des Vereins muss das Ziel heissen, Spiele in der Tissot Arena durchzuführen. Wenn wir jetzt schon 300 Zuschauer auf der grünen Wiese mobilisieren können, sollte sich das in der Arena steigern lassen. Eine faire Chance dies zu beweisen, wurde uns bis heute nicht offeriert.
Welches Restaurant in Biel würdest du nie empfehlen?
So asozial bin ich nun auch nicht, dass ich einen Betrieb in der heutigen Lage in die Pfanne hauen würde.
Es wäre einfacher jemanden zu empfehlen.
Wenn du eine Sache auf der Welt verändern dürftest: Was wäre das?
Ich wünschte alle Jugendlichen könnten die gleiche unbeschwerte Jugend ohne die ganzen Nebenerscheinungen des täglichen digitalen Mülls erleben, wie ich das durfte. Nebst vielen guten Dinge der Gegenwart, fehlt diese Unbeschwertheit komplett. Klar, es gab in meiner Jugend noch die Mauer in Berlin, der Kalte Krieg war in der Endphase, die RS war noch viel härter als heute (hahaha), aber es änderte sich vieles zum Besseren. Heute hat man das Gefühl, alles wird nur noch komplizierter und mühsamer mit all den Mimimi-Befindlichkeiten von links bis rechts.
Der Spruch, ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen könnte, trifft es eigentlich ganz gut.
Wie oft schaust du täglich auf dein Smartphone?
Ich bin ein Handy-Süchtiger der ganz üblen Sorte. Ich gehöre zu den Vollpfosten, welche an einem Tischgespräch ständig auf dem Teil rumreiben. Einzig am Strand kann ich den vermeintlichen Herzschrittmacher am ersten Tag in den Safe legen und am letzten wieder rausnehmen. Dann wird das Handy durch kühle Drinks ersetzt.
Welche Tageszeitung kommt bei dir an 1. Stelle?
Am Mittag im Restaurant meistens das Bieler Tagblatt. Ich bin aber ehrlich und gesteh so viel Zeitung lese ich nicht mehr wie früher.
Wenn du ein Buch schreiben würdest, was wäre das Thema und wie der Titel?
Ich bin ein absoluter Fan der Bücher von Peter Scholl-Latour, aber ich wäre ein zu grosser Angsthase, um mich auf solche Reisen zu begeben bzw. geht heute ja kaum mehr.
Von dem her wohl ein Buch, welches amtlich belegt, dass Babylon 5 die bessere Serie ist als Star Trek und die andere Serie, bei der es ums fast gleiche geht.
Titel: Babylon 5 die wahre Nummer 1
Wenn du dir ein Land aussuchen könntest: In welchem würdest du gerne leben?
Als Tourist bin ich gerne in den USA oder Griechenland. Ich finde es trotz aller Stänkerei schön und lebenswert hier. Ich muss nicht weg, um das grosse Glück/Freiheit zu finden. Reisen und Arbeiten im Ausland reichen für den manchmal zwingend nötigen Aha-Effekt. Wurde mir in den letzten Monaten noch bewusster.
Welche Entscheidung in deinem Leben würdest du im Nachhinein rückgängig machen wollen?
Noch mehr Zeit mit meinem verstorbenen Grossvater verbringen. Irgendwann in der Pubertät wird man zu cool, um Zeit mit den Liebsten zu verbringen. Aber grundsätzlich hat alles seine Richtigkeit wie es ist.
Was hast du für eine Beziehung zur Seeschwalbe diesem Kult Fan’s Club des EHC Biel aus Nidau?
Das war einmal ein grosser Teil meiner Freizeitaktivität am Dienstag und Samstag.
Ein paar von euch Vögel kenne ich teilweise noch aus der Schul- und Jugendzeit. Ich finde es top, dass ihr immer noch dabei seid. Etwas ruhiger, wie ich feststellen kann. Zumindest an Heimspielen.
32 Jahre Seeschwalbe EHC Biel, was sind deine Gedanken wenn du das hörst?
Viel Engagement für den EHCB, ein paar ganz geile Auswärtsfahrten, vornehmlich noch in der NLB und Neuzeit der NLA. In diesem Zusammenhang entschuldige ich mich im Namen des damals noch lockigen rothaarigen Kollegen und mir für die Verspätungen bei den Rückreisen und den Unfug den wir sonst so getrieben haben auf den Reisen.
Wie verfolgst du zur Zeit den EHC Biel?
Meistens “fachkundig” mit Freunden, die genau so wenig Ahnung haben was im Detail beim EHCB geht wie ich. Aber ganz ehrlich ich schaue schon noch auf den Internet Teletext wie es im Spiel läuft. Aber ja, ich bin ein Modefan geworden.
Wie oft sieht man dich in der Tissot Arena?
Ich bin nicht mehr sehr oft im Stadion, ausser mein alter Herr braucht einen Fahrer. Das ist halt die nie endende Bringschuld für seinen Zeugungsschmerz, den ich ihm als Sohn zugefügt habe…
Aber mein “Göttibueb” erinnert mich immer wieder daran. Er hat das Fieber jetzt als vierte Generation in sich. Sind also immer noch genug Stadler’s im Stadion.
Auf was könntest du in deinem Leben nicht verzichten?
Nebst der Ernährung was naheliegend ist, auf Freunde und Familie.
Und auf was gut?
Die Liste ist leider konstant am wachsen. Hauptsächlich Wortführer und Möchtegern Leader in allen Bereichen unserer Gesellschaft. Und auf Fenchel, Gurken, Karotten, etc.
Wenn du ein Lebesmittel wärst: Welches wäre es?
Also sicher keine Karotte, da steht man zu lange aufrecht im Dreck. Aber ein gut marmoriertes 600gr Rib-Eye liegend auf der Auslage würde es wohl schon werden.
Was war dein letzte grosse Reise?
Das müsste 2018 in Kalifornien gewesen sein. Eine Reisespektrum zwischen Bud Light im Hooters und Rotwein im Nappa Valley.
Danach hat uns allen die Seuche einen Strich durch die Rechnung gemacht. Seither heissen die grossen Ausflugsziele Chez Vrony in Zermatt, Waschbar in Wengen, James Bond Kiosk in Mürren etc. Auch sehr international. Die Sichtweise macht den Unterschied…
Lieber Restaurant oder Take Away?
Restaurant
Lieber Bier oder Wein?
Bier
Lieber Kino oder Theater?
Kino
Lieber Berge oder Meer?
Berge
Lieber Foundue oder Raclette?
Raclette
Am Samstag 23.11.24 findet eine Supporterfahrt an das Auswärtsspiel gegen den EHC Kloten statt. Es hat noch freie Plätze.